Signet Libellen - eine (kleine) Einführung

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die Namensgebung

    Wieso heisst die Libelle eigentlich Libelle? Auch ich muss sagen, dass ich mir diese Frage erst stellte, als ich begann diese Seiten zusammenzustellen.

    Das deutsche Wort Libelle leitet sich ab vom Gattungsnamen Libellula, den Carl von LINNÉ im Jahre 1758 prägte. Es wurde und wird jedoch noch immer über die Herkunft und Bedeutung eben dieses Namens gestritten. Während einige Autoren die Herkunft vom lateinischen libra = Waage bzw. der Verkleinerungsform libella = kleine Waage / Wasserwaage ableiten (z.B. BROCKHAUS-ENZYKLOPÄDIE 1989, CARL 1995), wollen andere (besonders aus dem französischen Sprachraum) den Namen vom französischen livre = Buch bzw. petit livre = kleines Buch abgeleitet wissen. Erstere wähnen die "waagerecht ausgespannten Flügel" im Fluge namensgebend, letztere meinen, dass der Flügelschlag an das Auf- und Zuklappen eines Buches erinnert bzw. an ein offenes Buch. Jedoch sind Libellen weder passive Segelflieger, die ihre Flügel stets "waagerecht ausgespannt" halten, noch mag ich mich mit der Herleitung aus dem Auf- und Zuklappen eines Buches anfreunden, zumal Schmetterlinge ja wesentlich eindrucksvoller die Flügel (bzw. Buchseiten) auf- und zuklappen. Doch selbst LINNÉ meint, "die lateinische Benennung Libellula scheinet einen Wagebalken zu bedeuten, und diesen Insecten darum gegeben zu seyn, weil, wenn man sie bey den Flügeln fasset, der Körper gleich einem Wagebalken hangt", fährt aber fort "wenigstens haben sie mit dem Balanzfisch oder Schlegelfisch im Griechischen einerley Namen, und heissen Zygaena" (LINNÉ 1775, zitiert in ROBERT 1959). Der letzte Teil deckt sich mit einer Aussage, die Guillaume RONDELET im Jahre 1552 veröffentlichte: "Ein kleines Insekt könnte Libellula fluviatilis genannt werden, da sein Körperbau einem Meeresfisch ähnelt, der Zygaena oder Libella heisst. Er hat die Form einer Wasserwaage, wie sie die Architekten verwenden, und wird in Italien auch Hammerfisch (Hammerhai!) genannt. Jenes Tier ist sehr klein, hat die Form eines "T" oder einer Wasserwaage, besitzt aber auf jeder Seite drei Beine. Der Schwanz endet in drei grünen Spitzen, mit deren Hilfe das Tier schwimmt." (RONDELET 1552, zitiert in JURZITZA 2000). Seine Beschreibung weist nicht auf die ausgewachsene Libelle hin, sondern auf eine Larve aus der Unterordnung Kleinlibelle (siehe dazu Lebenslauf -> Larve). Somit ist die Kleinlibellenlarve für die Namensgebung dieser Insektenordnung ursächlich.

Carl von Linne

Abb. 1: Carl von LINNÈ (1707 - 1778), der Begründer der wissenschaftlichen Nomenklatur

    Auf LINNÉ geht auch die Hierarchie des Artnamen zurück. Einem Gattungsnamen folgt ein Artname, welcher zumindest in derselben Gattung nicht ein zweites Mal auftreten darf. Hinter dem Artnamen erscheint oft auch der Nachname des Erstbeschreibers sowie das Jahr der Erstbeschreibung. Häufige Beschreibernamen werden oft abgekürzt, z.B. L. für LINNÉ. Wenn sich bei späteren Untersuchungen herausstellt, dass eine Art in eine andere Gattung gehört, dann wird der Gattungsname entsprechend geändert und der Artname beibehalten. Der Beschreibername sowie die Jahreszahl werden in Klammern gesetzt. So wurde auch aus Libellula cancellata L. 1758 die ”neue” Art Orthetrum cancellatum (L. 1758).

    Die deutschen Artnamen wurden von SCHIEMENZ (1953) eingeführt. Damit wollte er jungen Odonatologen (Libellenkundlern) den Einstieg in die Libellenkunde erleichtern, die eventuell von der rein wissenschaftlichen (= lateinischen) Artbezeichnung abgeschreckt würden. Obwohl einige Namen nicht "den Nagel auf den Kopf" treffen (so sind die Große Königslibelle Anax imperator und die Kleine Königslibelle Anax parthenope etwa gleich groß), hat er, so finde ich, sein Ziel erreicht. Auch mich haben die deutschen Namen animiert, mich mit Libellen näher zu beschäftigen, auch ich habe erst die Gebänderte Prachtlibelle beobachtet, ein paar Jahre später dann aber Calopteryx splendens (obwohl es ja ein und dieselbe Art ist), weil die wissenschaftlichen Veröffentlichungen eben mit den lateinischen Artbezeichnungen arbeiten. WENDLER et al. (1995) haben die deutschen Namen der Libellen den lateinischen Namen angepasst. So wurde z.B. die "Kleine Mosaikjungfer" (Brachytron pratense) in "Früher Schilfjäger" umgetauft, da die Mosaikjungfern einer anderen Gattung, nämlich der Gattung Aeshna, angehören.

Keilfleck-Mosaikjungfer

Abb. 2: Männchen der Keilfleck-Mosaikjungfer (Aeshna isosceles)

    Die Vergabe von deutschen Namen war aber nicht immer gefordert. Als Beispiel hierfür wurde immer wieder die direkte deutsche Übersetzung des Artnamens Lestes sponsa angegeben: Die Familie Lestidae war bekannt als Schlankjungfer, und sponsa bedeutet im lateinischen die Verlobte. Aus der Übersetzung folgte somit die etwas ungelenke Bezeichnung "Verlobte Schlankjungfer". Aus diesem Grund schrieb NAUMANN noch 1952: "So verwirren die deutschen Namen nur, und man tut gut daran, sie nur zu gebrauchen, wenn man gleichzeitig den wissenschaftlichen Namen nennen kann."

    Durch die neue Herangehensweise von SCHIEMENZ war nicht der wissenschaftliche Artname zu übersetzen, sondern: "Die deutschen Namen weisen stets auf eine Besonderheit der Körperform oder -farbe, auf den Lebensraum, die geographische Verbreitung oder auf eine Eigentümlichkeit der Lebensweise hin." So wurde aus der "Verlobte Schlankjungfer" die "Gemeine Binsenjungfer", wegen ihres gemeinen (häufigen) Vorkommens.

    Auf den nächsten Seiten will ich die Namen der im deutschsprachigen Raum vorkommenden Arten kurz erklären. Zuerst sollen die deutschen Artnamen erklärt werden, danach die wissenschaftlichen Artnamen. Die Bedeutungen der deutschen Artnamen entstammen SCHIEMENZ (1953), die der wissenschaftlichen Artnamen veröffentlichte FLIEDNER (1997). Seine Erkenntnisse will ich aber nur kurz wiedergegeben.

    Dankenswerterweise veröffentlichte FLIEDNER im Jahre 1998 ein Heftlein, in dem er Kurzbiographien der Beschreiber der Arten wiedergibt. In noch kürzerer Form will ich das für die Beschreiber der im deutschsprachigen Raum vorkommenden Arten in einer weiteren angehängten Seite auch tun.


    Literatur, die erwähnt wurde:

Brockhaus-Enzyklopädie (1989): Der große Brockhaus. Mannheim: Brockhaus
Carl, H. (1995): Die deutschen Pflanzen- und Tiernamen: Deutung und sprachliche Ordnung. -Reprint der 1. Auflage von 1957-. Wiesbaden: Quelle & Meyer
Fliedner, H. (1997): Die Bedeutung der wissenschaftlichen Namen europäischer Libellen. Libellula - Supplement 1
Fliedner, H. (1998): Die Namengeber der europäischen Libellen. Ergänzungsheft zu Libellula - Supplement 1
Jurzitza, G. (2000): Der Kosmos-Libellenf�hrer. Stuttgart: Franckh-Kosmos
Naumann, H. (1952): Wasserjungfern oder Libellen. Neue Brehm-Bücherei Heft 55. Leipzig: Geest & Portig
Robert, P.-A. (1959): Die Libellen (Odonaten). Bern: K�mmerly & Frey
Schiemenz, H. (1953): Die Libellen unserer Heimat. Jena: Urania
Wendler, A., A. Martens, L. Müller & F. Suhling (1995): Die deutschen Namen der europäischen Libellenarten (Insecta: Odonata). Entomologische Zeitschrift 105(6): 97-112



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