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Entwicklungsgeschichte der Libellen

    Bevor ich mich den heute vorkommenden Libellen zuwende, erst ein paar Sätze zur Entwicklungsgeschichte der Libellen.

Tandem von Mesuropetala koehleri

Abb. 1: Mesuropetala koehleri, ein sehr seltenes fossiles Tandem

    Betrachten wir zunächst die Entwicklung der Erde (Abb. 2): Die Erdurzeit dauerte etwa 3,9 Mrd. Jahre. Vor etwa 4,5 Mrd. Jahren bildete sich die erste Erdkruste, vor ca. 3 Mrd. Jahren (stark umstritten) gab es die ersten Anzeichen von Leben. Mit den Gebirgsbildungen begann das Erdaltertum, das war vor 590 Mio. Jahren. Die ersten Libellen segelten vor ca. 320 Mio. Jahren durch die Sumpfwälder des Oberkarbon. Seit etwa 200 Mio. Jahren, also seit der Jura, hat sich das Aussehen der Libellen nicht mehr stark geändert. Der Mensch betrat, zum Vergleich, erst sehr viel später die Erde (der Neandertaler zum Beispiel vor ca. 100.000 Jahren). Damit sind die Libellen sehr viel älter als die Menschheit!

Erdgeschichte

Abb. 2: zur "Geburtsstunde" der Libellen

    Mit der Erforschung der fossilen Libellenfunde wurde ca. 100 Jahre später begonnen als mit der Erforschung der heute lebenden Libellenarten. Carl von navLinné, schwedischer Naturforscher, Gelehrter und Begründer der wissenschaftlichen Nomenklatur, beschrieb im Jahr 1758 die Gattung Libellula sowie einige zu ihr gehörende Arten. Knapp 100 Jahre später, im Jahr 1854, war es der englische Naturforscher WESTWOOD, der die ersten fossilen Libellengattungen beschreib. Mit der Zeit nahm, ähnlich wie bei den heute lebenden Libellen, die Anzahl der neu beschriebenen Gattungen und Arten zu. Während TILLYARD & FRASER im Jahr 1940 nur 92 fossile Libellengattungen kannten, listet navBechly in seiner Liste von 1999 bereits 335 fossile Libellengattungen auf. Zum Vergleich: die navWorld List of Odonata listete 645 Libellengattungen im August 2007.

Italophlebia gervasuttii

Abb. 3: Italophlebia gervasuttii

    Die Einordnung von fossilen Libellen in die wissenschaftliche Systematik ist sehr schwierig, sehr viel schwerer als bei lebenden Arten. Lebende Arten kann man in die Hand nehmen, drehen, von allen Seiten betrachten, sezieren und andere Erkenntnisforschungen durchführen, um sich besondere Merkmale anzusehen oder heraus zu arbeiten. Ganz anders hingegen sieht es bei den fossilen Libellen aus. Sie sind nicht "einzeln" greifbar, sondern nur mit dem sie umgebenen Gestein. Selten liegen sie in einer "natürlichen" Lage, so dass sie von oben betrachtet werden können. Oft sind sie derart versteinert, dass einzelne Körperteile übereinander liegen. Dadurch fällt natürlich die Unterscheidung der einzelnen Körperteile schwerer. Oft sind auch die fossilen Libellen Opfer von tektonischen Bewegungen geworden, so dass sie dadurch in ihrer Form verändert oder gar auseinander gerissen und stark verschoben wurden. Da man die fossilen Libellen nicht einfach umdrehen und damit nicht von allen Seiten betrachten kann, muss man mit verschiedenen Raffinessen versuchen, so viele Informationen wie möglich dem versteinerten Insekt zu entlocken, sei es mit speziellen Mikroskopen oder mit bestimmten Lichtarten, die erst bei einem bestimmten Einstrahlwinkel zum Beispiel die Flügeläderung sichtbar werden lassen.

Euarchistigma atrophium

Abb. 4: Euarchistigma atrophium

    Mit all diesen Problemen haben diejenigen Wissenschaftler zu kämpfen, die Licht ins Dunkel der Entwicklungsgeschichte der Libellen bringen wollen. Dadurch kommt es auch zu einigen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Forschern. Der eine ordnet die neue Art der einen Gattung zu, ein anderer beschreibt aufgrund dieser Art eine neue Gattung. Wie gesagt: durch die schwierige Handhabung des Fossils ist es sehr schwierig, die versteinerte Libelle einer Art oder Gattung zuzuordnen.

Larve von Nothomacromia sensibilis ?

Abb. 5: Larve von Nothomacromia sensibilis ?

    Auch nicht so einfach ist die Einordnung der heutigen Unterordnungen Zygoptera (Kleinlibellen), Anisoptera (Großlibellen) und Anisozygoptera. Hier herrschen verschiedene Sichtweisen vor, von denen zwei auf der Seite navdie Ordnung Odonata skizziert sind. Doch auch hier sollte man bedenken: alle Sichtweisen sind begründet, und leider ist es nicht (noch nicht?) möglich, die Zeit um 325 Millionen Jahre zurück zu drehen und im Zeitraffer selbst mitzuerleben, wie sich aus den ersten Libellenartigen die heute lebenden und bereits ausgestorbenen Arten entwickelt haben.

    Wie konnte es dazu kommen, dass das System "Libelle" so lange überleben konnte? Sie sind immerhin eine der am längsten existierenden Tiergruppen der Erde und haben viele Episoden der terrestrischen Evolutionsgeschichte überlebt, darunter auch die Episode "Dinosaurier". Wieso überlebten die Libellen, während die Dinosaurier ausstarben? Die Ursache liegt wohl in den verschiedenen Lebensweisen und den verschiedenen Größen: zwar waren einige urzeitliche Libellen um einiges größer als die heute lebenden, doch im Vergleich zu den meisten Dinosaurier geradezu zwergenhaft. Deshalb brauchten sie auch wesentlich weniger Nahrung, wo hingegen ein Dinosaurier mehrere dutzend Kilogramm am Tag verschlang um zu überleben. Außerdem war und ist der Lebensraum der Libelle zweigeteilt: die Zeit als Larve verbringt sie im Wasser, als Imago (= flugfähiges Insekt) hat sie den Luftraum entdeckt. Der neugeborene Saurier hingegen entschlüpft dem Ei und ist dann sein Leben lang an seinen Lebensraum (mit Ausnahme der wenigen Flug- und Wassersaurier an den Lebensraum "Land") gebunden. Gerade weil die Libelle fliegen kann, ist es ihr auch möglich, relativ schnell andere, neue Orte zu erreichen. Zwar konnten auch die Saurier laufen und hatten sicherlich sehr große Reviere, doch hat der Lebensraum "Land" seine Grenzen: bereits größere Flüsse versperrten den Sauriern den Weg, während Libellen mit Hilfe des Windes selbst Ozeane überwanden (und immer noch überwinden, wie vereinzelte Funde nordamerikanischer Libellen auf den irischen bzw. britischen Inseln zeigen) und somit neue Lebensräume besiedeln konnten. Abschließend kann man frei nach dem Pionier der modernen Sichtweise der Evolution, dem englischen Naturforscher Charles DARWIN, sagen: Jede Art kann nur überleben, wenn sie ihre eigene Überlebensnische gefunden hat, die noch nicht von jemand anderen besetzt ist. Während die Libellen ihre Nische fanden, haben sich die Dinosaurier "totgesucht". (In einem englisch sprachigen Buch las ich eine andere Theorie zum Aussterben der Dinosaurier: Sie waren einfach zu groß, um von Noah auf seiner Arche mitgenommen zu werden, und ertranken so in der Sintflut.)


    Links zu themenverwandten Seiten:

navBechly, Dr. Günter: wohl die Seite im Netz mit den meisten Informationen über die Entwicklungsgeschichte der Libellen
navWorld List of Odonata: Auflistung der auf der Welt vorkommenden Libellenarten



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