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Fledermaus-Azurjungfer

Coenagrion pulchellum (Vander Linden, 1825)


Fledermaus-Azurjungfer englisch Variable Bluet,
Variable Damselfly
niederländisch variabele waterjuffer
französisch Agrion joli
tschechisch šidélko širokoskvrnné
polnisch latka wczesna
schwedisch Mörk lyrflickslända
dänisch Flagermus-Vandnyrnfe

Namensgebung
navdeutsch
Azurjungfer: nach den azurblauen navHinterleibern der Männchen
Fledermaus-: nach der Zeichnung auf dem 2. navHinterleibers-ring der Männchen, die an eine fliegende Fledermaus erinnert
navwissenschaftlich
Coenagrion: gr. koinos - gemeinsam, allgemein, weitverbreitet und gr. agrion - wildes >Insekt<
pulchellum: von lat. pulcher - hübsch


Originalgröße Systematik Gefährdung
Größe



34 - 38 mm
Unterordnung
Kleinlibellen (Zygoptera)
Familie
Schlanklibellen (Coenagrionidae)
Welt: 20 Familien
Europa: 5 Familien
D, A, CH: 4 Familien
Gattung
Azurjungfern (Coenagrion)
Welt: 91 Gattungen
Europa: 7 Gattungen
D, A, CH: 7 Gattungen
Art
Fledermaus-Azurjungfer
(Coenagrion pulchellum)
Welt: 33 Arten
Europa: 40 Arten
D, A, CH: 9 Arten
Unterarten
Der englische und der niederländische navName der Art besagen es: die Fledermaus-Azurjungfer ist in ihrer Färbung außerordentlich variabel. Aber gerade auf Grund der unterschiedlichen Färbung wurden eine Vielzahl Unterarten und Farbformen beschrieben. Neben der im westlichen Mitteleuropa beheimateten Nominat(unter)art Coenagrion pulchellum pulchellum wurden in Europa die Unterarten C. p. interruptum aus dem östlichen Mitteleuropa / Osteuropa, C. p. mediterraneum aus dem Mittelmeerraum und C. p. saisanicum aus der Türkei beschrieben. Es ist jedoch sehr umstritten, ob es sich hierbei um Unterarten oder nur um bloße Farbformen handelt.

Deutschland
gefährdet


Österreich
verletzlich


Schweiz
potenziell gefährdet

(siehe auch navRote Listen in D, A, CH)

Flugzeit
J F M A M J J A
S
O N D


Verbreitung
Verbreitung Coe pulchellum
© navDijkstra & Lewington
violett: Hauptverbreitungsgebiet
blau: unregelmäßige Vorkommen
Welt
navponto-kaspisches Faunenelement, anzutreffen von Europa bis Westsibirien; in Europa nahezu überall; fehlt auf Mittelmeerinseln, in Nordafrika sowie Mittel- und Nordskandinavien; nur im Nordosten der Iberischen Halbinsel

Deutschland
überall vertreten, Bestand aber lückig; im Norden verbreitet bis häufig, im Süden nur in größeren Auen, Tälern und Senken der Mittelgebirge

Österreich
überall vertreten, Bestand aber lückig; bevorzugt tiefere Bereiche, selten über 1.000 m

Schweiz
im Norden weit verbreitet, im Süden nur lokal, fehlt im Nordwesten; allgemein zwischen 300 und 500 m, selten über 1.200 m

Lebensraum

Die Fledermaus-Azurjungfer besiedelt nicht zu naveutrophe kleinere navstehende Gewässer wie Weiher, Teiche, Tümpel und Altwasserarme großer Flüsse mit mindestens 1,50 m Wassertiefe. Große Seen werden nur an passenden Buchten besiedelt. Unsere Art bewohnt auch langsam navfließende Gräben, in größeren navFließgewässern wie Flüssen und Kanälen ist ihr Vorkommen auf strömungsberuhigte Bereiche beschränkt. Vereinzelt ist sie auch an Torfstichen oder in Gewässern der Flach- und Zwischen-navmoore zu finden, Hoch-navmoore meidet sie jedoch. Sie kommt nicht an jungen Gewässern (junge Kiesgruben, neu angelegte Weiher, usw.) vor.
Überaus wichtig ist ihr eine üppige navSubmers- und Schwimmblattvegetation. Ihr Hauptvorkommen hat die Fledermaus-Azurjungfer dort, wo die Röhrichtzone (Rohrkolben, Schilf, Großseggen, usw.) in die Schwimmblattzone (Laichkraut, Seerose, Teichrose, usw.) übergeht. Weiterhin müssen dort einzelne Blätter und Blütenstängel der navSubmers-vegetation (Tausendblatt, Hornblatt, usw.) die Wasseroberfläche durchstoßen.

Ökologie und Lebensweise

Je nach Witterungsverlauf beginnt etwa Anfang Mai die navSchlupf-periode. In Jahren mit warmem Frühjahr kann der navSchlupf auch schon Mitte / Ende April beginnen, regnerische und kalte Frühjahre können aber auch den navSchlupf-beginn bis in den Juni verschieben. Die navLarven erklimmen zum navSchlupf die Halme und Stängel der Pflanzen am Ufer, selten wandern sie wenige Zentimeter an Land. Im mittleren bis oberen Drittel verankern sie sich am ± senkrecht stehenden Halm, seltener an der Oberseite eines Blattes. Nur ausnahmsweise vollziehen die navLarven an einer Blattunterseite ihre letzte Häutung. Zwischen dem ersten Reißen der navLarven-haut bis zum navJungfernflug vergehen etwa 2 Stunden.
Nach dem navSchlupf verlassen die jungen navImagines das Gewässer und suchen die nahe Nachbarschaft auf. Entlang von Rainen, Böschungen, Schilfbeständen, Gebüschen, auf Waldlichtungen, in lichten Wäldern und auf üppigen Wiesen navjagen sie ihre Nahrung und reifen zum fortpflanzungsfähigen Tier heran.
Am frühen Morgen eines sonnigen Tages fliegen die geschlechtsreifen Männchen zum Gewässer und halten Ausschau nach Weibchen. Sobald sie eines erblicken, stürzen sie sich auf sie, packen sie fest und verankern ihre navHinterleibs-anhänge. Das Paar fliegt nun in Tandemformation etwas abseits in die Vegetation, um sich hier zu navpaaren. Die navPaarung dauert etwa 10 - 15 min.
Nach der navPaarung fliegt das Paar wieder an das Gewässer, um mit der navEiablage zu beginnen. Es sucht dazu leicht schattige, geschützte Bereiche auf. Oftmals legen viele Paare gemeinsam ihre navEier. Die Weibchen bevorzugen die Schwimmblätter von See- und Teichrosen als navEiablage-substrat. Nach der Landung auf dem Blatt gehen sie (das Männchen bleibt angekoppelt und steht senkrecht auf ihr) rückwärts an den Blattrand oder zu Löchern und legen in die Blattunterseite ihre navEier. Manchmal sieht man auch Weibchen ohne Begleitung bei der navEiablage. Sind keine Schwimmblätter zu finden, legen die Weibchen ihre navEier auch in schräge Halme und Blätter von Wasserpflanzen. Senkrechte Halme werden gemieden. Selten vollziehen die Weibchen ganz untergetaucht die navEiablage. Nur in Ausnahmefällen werden sie hierbei auch vom Männchen begleitet. Nach der navEiablage verlassen die Weibchen das Gewässer. Später suchen auch die Männchen ihre navJagd-reviere abseits des Gewässers auf.
Die navEier entwickeln sich innerhalb von etwa 4 bis 6 Wochen. Dann reißt die Umhüllung auf und eine navProlarve schlüpft aus. Diese häutet sich unmittelbar danach zur ersten navLarve.
Die navLarven bewohnen das Pflanzengewirr der navSubmers-vegetation. Hier finden sie ihre navNahrung, es bietet ihnen aber auch Schutz vor Feinden. Sie suchen zumeist größere Tiefen auf, wahrscheinlich um konkurrenzstärkeren navLarven (etwa der navHufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella)) aus dem Weg zu gehen. In navFließgewässern suchen die navLarven strömungsberuhigte Bereiche auf.
In den gemäßigten Breiten benötigen die navLarven nur ein Jahr, um sich zur navschlupf-bereiten navLarve zu entwickeln. In nördlichen Breiten, in kühleren Gewässern oder in Ausnahmefällen kann diese Entwicklung aber auch zwei Jahre andauern.

Ähnliche Arten

Wegen des hellblauen Grundtons der Körperfärbung der Männchen und der schwarzen Körperfärbung der Weibchen kann die Fledermaus-Azurjungfer mit einigen anderen Kleinlibellenarten verwechselt werden. Dies sind vor allem ihre Schwesternarten aus der navGattung Azurjungfern (Coenagrion), aber auch mit der navGemeine Becherjungfer (Enallagma cyathigerum), der navPokaljungfer (Erythromma lindenii) und eventuell mit den Arten der navGattung Pechlibellen (Ischnura) besteht Verwechselungsgefahr. Letztere haben jedoch einen (in der Draufsicht) schwarzen navHinterleib, der nur am achten bzw. neunten navHinterleibsegment blau gefärbt ist.
Von den anderen Arten unterscheidet sich unsere Art am einfachsten durch die Zeichnung auf dem zweiten navHinterleibsegment (Männchen, Abb. links) bzw. der Form des Hinterrandes der Vorder-navbrust (Weibchen, Abb.rechts). Das Männchen unserer Art hat den zierlichsten navHinterleib aller Arten der navFamilie Schlankjungfern (Coenagrionidae). Regelmäßig ist er an der dünnsten Stelle unter 1 mm breit.

Männchen Azurjungfer Weibchen
typische Zeichnung und Form von zweitem navHinterleibsegment (links, für Männchen) und Vorder-navbrust (rechts, für Weibchen) als wichtigste Unterscheidungsmerkmale der Fledermaus-Azurjungfer zu anderen Arten der navGattung Azurjungfern (Coenagrion)
nach
Dijkstra & Lewington

Die Zeichnung auf dem zweiten navHinterleibsegment des Männchens erinnert (mit ein wenig Abstraktionswillen) an eine fliegende Fledermaus. Diese Zeichnung ist jedoch sehr variabel; so können etwa die "Beine" der "Fledermaus" fehlen oder die in der obigen Zeichnung recht schlanke "Fledermaus" kann zu einem dickeren "Exemplar" werden. Aber nicht nur die Zeichnung auf dem zweiten navHinterleibsegment ist recht variabel. Auch die anderen navHinterleibsegmente weisen eine unterschiedliche Schwarzfärbung auf. So ist navhier ein sehr helles Männchen zu sehen, während ich navhier ein sehr dunkles Männchen fotografieren konnte. Diese Variabilität in der schwarzen Zeichnung findet sich auch im englischen und holländischen navNamen wieder. Im Allgemeinen sind jedoch die Männchen unserer Art die dunkelsten Vertreter der navGattung Azurjungfern (Coenagrion) am Gewässer. Ihre navHinterleibsegmente 3, 4 und 5 sind im Allgemeinen nur im oberen Viertel hellblau, die navHinterleibsegmente 6, 7 und 10 sind im Allgemeinen vollkommen schwarz, während das Segment 8 vollkommen und das Segment 9 nahezu vollkommen hellblau sind.
Der Hinterrand der Vorder-navbrust der Weibchen ist stark eingebuchtet (siehe Abbildung) und deshalb unverwechselbar. Die Färbung der Vorder-navbrust ist sehr variabel, einzig ihre Form ist unveränderlich.
Die Weibchen unserer Art treten in 2 Zeichnungstypen mit insgesamt 3 Farbformen auf:
Zeichnungstyp 1: häufigster Zeichnungstyp; Oberseite des navHinterleibs nahezu vollkommen schwarz gefärbt; tritt nur (?) in gelblichgrüner Farbform (A) auf; siehe Weibchen auf navdiesem Bild
Zeichnungstyp 2: seltenerer Zeichnungstyp; Oberseite des Hinterleibs mit reduzierter Schwarzfärbung, diese nimmt nur die unteren ¾ der einzelnen Segmente ein, vorderes Viertel (hell-)blau; Farbform B: auch navBrust und navKopf sind blau gefärbt, wie beim Weibchen auf navdiesem Bild; Farbform C: navBrust und navKopf sind gelblichgrün gefärbt, wie beim Weibchen auf navdiesem Bild.

Bilder

(zum Vergrößern auf die Bilder klicken)
Männchen
sehr hell gefärbtes Männchen
Männchen
sehr dunkel gefärbtes Männchen
Weibchen
Weibchen der blaugrünen Farbform
(beide Männchen stammen vom selben Fundort und -tag)
Tandem
navTandem mit Weibchen der blauen Farbform
Paarungsrad
navPaarungsrad mit Weibchen der gelblichgrünen Farbform
Eiablage
navEiablage mit Weibchen der blaugrünen Farbform

Literatur, die erwähnt und benutzt wurde:

Dijkstra, K.-D.B. & R.Lewington (2006): Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe. Gillingham: British Wildlife Publishing. S. 106-107

Dulka, N. (2005): Coenagrion pulchellum. - In: Wildermuth, H., Y. Gonseth & A. Maibach (Hrsg.) (2005): Odonata - Die Libellen der Schweiz. Fauna Helvetica 12. Neuchâtel: CSCF. S. 134-137
Raab, R., A. Chovanec & J. Pennerstorfer (2007): Libellen Österreichs. Wien: Umweltbundesamt & Wien, New York: Springer. S. 114-115
Robert, P.-A. (1959): Die Libellen (Odonaten). Bern: Kümmerly & Frey. S. 126-131
Sternberg, K. & M. Rademacher (1999): Coenagrion pulchellum - Fledermaus-Azurjungfer. - In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Bd. 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera) Stuttgart: Ulmer. S. 287-296


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